Wissen
January 1, 2023
7 min read

Warum Digital Twins aus der Wirtschaft nicht mehr wegzudenken sind - Interview ESRI DE

Author
Joel D'Angelone

Quelle Where Next Magazin ESRI

Jürgen Schomakers, CEO von Esri Deutschland, im Interview

Digital Twins werden immer wichtiger.Wie bewerten Sie ihre Entwicklung?

Digitale Zwillinge sind längst kein Trend mehr. Sie halten in vielen Bereichen Einzug und das ist auch gut so! Wichtig ist jedoch dabei, dass ein Digitaler Zwilling auch alle Daten enthält, um die Komplexität der realen Welt abzubilden. Tut er das nicht,sind Planungen und Analysen, die darauf aufbauen, natürlich nurbegrenzt nutzbar. Da sehen wir eine Grundbedingung, welcheden Einsatz von GIS-Technologie erfordert. Nur mit modernen GIS (Geoinformationssystemen) können sämtliche Daten räumlich und zeitlich korrekt zueinander referenziert werden. Das ist aus meiner Sicht die Stufe 1: der Aufbau eines vollfunktionalenDigitalen Zwillings. Darüber hinaus sehen wir wegen der immer stärkeren Vernetzung von Systemen und Organisationen die Notwendigkeit, dass auch die Digitalen Zwillinge eine Verbindung – technisch wie auch organisatorisch – erfahren. Um beispielsweise Vorhaben schon vor einer Realisierung digital sehen und planen zu können, müssen diese im räumlichen Kontexteingebettet sein, also die Einflüsse auf und von der Umweltoder angrenzenden Infrastrukturen realitätsnah abbilden. Dann können eventuelle Risiken bereits vor der Umsetzung besser abgeschätzt werden. Das ist dann die Stufe 2, die Vernetzung von Digitalen Zwillingen, wozu wiederum GIS eine Schlüsseltechnologie ist. Mit diesem Ansatz können Synergien geschaffenwerden, um die Digitalisierung optimal in Wert zu setzen und bestmögliche Ergebnisse für Städte, Behörden, Infrastrukturenoder Business-Segmente zu erreichen.

Welche Herausforderungen sehen Sie für die Digitalen Zwillinge?

Die größte Herausforderung war wohl das Erkennen der Dringlichkeit, im Zuge der Digitalisierung auch die Investition in Ver-fahren und die digitalen Datengrundlagen zu tätigen. Ohne passende Daten ist Digitalisierung schlicht nicht sinnvoll. Das haben wir meines Erachtens bereits gemeistert. Nun geht es aber in starkem Maße darum, „End-to-End“ zu denken und die vollen Potenziale der Daten sowie der Technologie in den Digital Twins umzusetzen. Oftmals sind bestehende Twins noch starkauf Einzelanwendungen fokussiert. Das heißt, sie sind nicht updatefähig und nicht echtzeitfähig und daher auch funktionaloder inhaltlich begrenzt. Zum Beispiel haben Ver- und Entsorger für Infrastrukturen sehr umfassende, hochaktuelle digitale Datenbestände, welche aber noch zu selten mit den Digitalen Zwillingen der Städte interagieren. Es geht also darum, die Digitalen Zwillinge als übergreifende Aufgabe für einen übergreifenden Nutzen zu verstehen und über den jeweiligen eigenen Anwendungsfall hinaus mit anderen Zwillingen funktional zu verbinden. Ehrlicherweise sind dafür nicht alle bestehenden Zwillinge heute schon mit der optimalen Technologie implementiert,welche auch die passenden Schnittstellen für Datenaustausch sowie Zugriff von Drittsystemen bietet und zugleich die relevanten Standards unterstützt. Wir sehen, dass viele Unternehmen oder auch Städte gerne mit Digitalen Zwillingen arbeiten, weil sie die Potenziale erkannt haben und nutzen möchten, aber oft fehlen zu dem ganzheitlichen Ansatz entweder Knowhow oder das Budget. Daher ist es wie mit der Digitalisierung allgemein: Es geht langsam voran, obwohl es die Technologie schon gibt.

Können Sie uns ein Beispiel eines Digitalen Zwillingsnennen und wo er bereits eingesetzt wird?

Ja, klar! Es gibt unzählige Beispiele, da die Digital Twins in sovielen Bereichen Anwendung finden. Ein aktuelles, sehr innovatives Beispiel ist der Glasfaserausbau von Vattenfall Eurofiber. ArcGIS, Fast@Home und die ArcGIS Field Maps werden genutzt für eine Netzplanung, welche die Daten der bereits bestehenden Fernwärme-Infrastruktur einbezieht und für die Planungdes Glasfaserausbaus verwendet. So wird eine signifikante Kostenoptimierung ermöglicht und die Planungszeiten für große Ausbaugebiete erheblich verkürzt. Zugleich unterstützt Vattenfall Eurofiber mit seinem Ansatz aktiv den Umweltschutz, in dem Assets mehrfach genutzt werden, die Zahl der Baustellen reduziert wird, mehrfache Anfahrten vermieden werden und der CO²-Ausstoß minimiert wird.

Was leistet Esri-Technologie in Zusammenhangmit Digitalen Zwillingen?

ArcGIS ist sicher die umfassendste GIS-Technologie am Markt, kann also alle relevanten Daten/-typen räumlich und zeitlichkorrekt referenzieren. Das schafft das Fundament der Digitalen Zwillinge. Zudem deckt ArcGIS inhaltlich alle Kerninformationsmodelle ab, womit wir Digital Twins von hochdetaillierten Gebäude-Indoor-Daten bis zu komplexen Versorgungsnetzen und von Mega-Cities bis zu globalen Supply Chains aufbauen– aber auch monitoren und analysieren können. Esri bietet seitjeher die Visualisierung in 2D, 3D, im Web und auf mobilenGeräten an, auch für Augmented-Reality-Anwendungen. Für die Vernetzung ist die Technologie durchgängig servicebasiert,gewährleistet voll dokumentierte Schnittstellen und APIs fürDeveloper. Somit ist sie Garant für die nötige Interoperabilität. Und nicht zu vergessen: ArcGIS bringt in allen Komponenten eindurchgreifendes Nutzer-, Berechtigungs-, Dienste- und Applikationsmanagement mit, ist also Enterprise IT ready sowohl für den Einsatz im RZ der Kunden, aber auch in der Private oder PublicCloud. Damit ist ArcGIS aus meiner Überzeugung die Schlüsseltechnologie für den Aufbau, den Betrieb und die Verknüpfungvon Digital Twins.

Written by
Joel D'Angelone
Founder